Miezi

 

Hella hat eine Katze, die sie ganz profan „Miezi“ nennt. Die meisten in der Wohngemeinschaft aber sagen Katze. Miezi ist nicht unbedingt ein schönes Tier, aber von ungewöhnlichem Charakter. Darüber hinaus scheint sie sehr intelligent zu sein.

 

Als ich vor kurzem spät nachts im Gemeinschaftsraum saß, um zu lesen, ging plötzlich mit einem lauten Knarren wie von Geisterhand die Tür auf. Erschrocken sah ich in Richtung Tür, wer wohl zu so später Stunde noch die Runde im Haus machte. Zu meiner Beruhigung – und meinem Erstaunen – war es nur Miezi, die offensichtlich auf der Suche nach etwas Fressbarem war. Ohne mich überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, marschierte sie hoheitsvoll mit erhobenem Schwanz in die angrenzende Küche, sprang auf die Anrichte und öffnete mit der linken Vorderpfote die altersschwache Kühlschranktür. Darauf sprang sie zu Boden, stellte sich auf die Hinterpfoten, stützte sich mit den Vorderpfoten elegant auf dem unteren Kühlschrankfach ab, machte den Körper länger und länger und steckte den Kopf in das mit Lebensmitteln randvoll gefüllte Fach, in dem sich unter anderem ein großer Teller Wurstaufschnitt befand. Scheppernd flogen die Porzellanscherben in alle Richtungen der Küche.

 

Miezi schien von dem Krach, den sie verursacht hatte, jedoch ungerührt. Mit traumwandlerischer Sicherheit setzte sie Pfote für Pfote zwischen die scharfen Kanten des zerbrochenen Tellers, schnappte sich jeweils die Scheibchen der Wurst, die ihr besonders zusagten. Dann schleckte sie sich genussvoll das Schnäuzchen ab, warf mir noch einen kurzen triumphierenden Blick zu, miaute kurz, als wollte sie sagen:“Kümmere dich gefälligst um den Dreck, den ich hier verursacht habe!“und verschwand so plötzlich, wie sie gekommen war.

 

                                                              Autor unbekannt                                                          

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