Pascha Teil 9

17.05.

Jetzt ist es ganz offiziell: ich habe ein neues Zuhause im Kölner Agnesviertel bei Blondie und dem Dunklen. Ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem die beiden mich beim Fundbüro gemeldet haben und in dieser Zeit hat sich kein anderer Zweibeiner gemeldet und Besitzansprüche gestellt, also gehören wir drei jetzt zusammen. Ich bin damit ganz und gar einverstanden, fühle mich hier sehr wohl und kann mich nur ganz selten beschweren (z.B. wenn das Essen noch nicht im Napf ist, wenn ich vom Spaziergang zurückkomme). Blondie sagt mir, dass sie jetzt noch bei Tasso anrufen wird, um meine neue Adresse anzugeben, dann sind wohl alle Formalitäten erledigt, ich bin also nicht mehr nur geduldet, sondern anerkannt - ein fantastisches Gefühl!

Ein paar Tage später bekommt Blondie dann auch Post von Tasso. Und es scheinen sich alle Vermutungen zu bestätigen, die meine beiden Zweibeiner zu Beginn meines Einzugs hatten, denn Tasso teilt Blondie die alten Daten und auch meinen ehemaligen Namen mit. So wissen sie nun ganz genau, dass ich einmal in Ehrenfeld gelebt habe und einen ganz lustigen Namen hatte, über den die beiden meinen, dass er gar nicht zu mir passen würde. Ich habe mich außerdem schon längst an meinen neuen Namen gewöhnt und wenn ich will, höre ich auch auf ihn.

Bondie erzählt: Wie Pascha zu seinem Namen kam. Als unser „Fundkind“ schon ein paar Tage bei uns war und wir uns mit dem Gedanken angefreundet hatten, mit einem Kater die Wohnung zu teilen, saßen wir eines Abends in der Küche zusammen und überlegten, welchen Namen er wohl einmal gehabt haben könnte. Über seine Tätowierungsnummern hatten wir erfahren, dass er wohl in einer türkischen Familie gelebt hatte und so kam uns der Gedanke, dass er vielleicht auch einen türkischen Namen besaß. Wir ließen uns nun alle männlichen türkischen Namen einfallen, die uns in den Sinn kamen und riefen sie dem Kater zu, der vor der Küche in seinem Körbchen lag. Von Erkan über Can, Ahmet, Mahmud und Tarek - er ließ sich jedoch von keinem einzigen beeindrucken. Erst bei unserem letzten Versuch, nämlich „Pascha“, reagierte er: er schnellte mit dem Kopf hoch, spitzte die Ohren und richtete den Oberkörper so schnell auf, dass er aus dem Korb fiel. Für uns eine eindeutige Zustimmung. Nun leben wir also mit einem „Pascha“ zusammen, der seinem Namen schon alle Ehre gemacht hat.

24.05.

Der Dunkle und ich drehen am frühen Abend noch eine Runde im Garten, macht richtig Spaß, wenn man zu zweit spazieren geht. Begleite ihn zu den großen Tonnen neben den Garagen und eigentlich wollten wir schon wieder zurückgehen, da kommt doch so ein doofer Köter und kläfft mich an. Ich blaffe zunächst zurück und lasse mich (nach außen hin) gar nicht irritieren, nur leider habe ich nicht bemerkt, dass der Kläffer gar keine Leine um den Hals hat und seine Besitzerin ihn nicht zurückhalten kann. Mir bleibt nichts anderes übrig, als eine 180°-Wende zu machen und blitzschnell eine sichere Stelle aufzusuchen - ab auf den nächsten Baum!!! Der doofe Köter wird zum Glück bald von „Frauchen“ abgeführt und der Dunkle rennt los und holt Blondie zu Hilfe. Beide stehen dann unter dem Baum, doch mir ist immer noch ganz Angst und Bange, ich trau der ganzen Situation nicht, aber auf dem Baum zu übernachten hab ich auch keine Lust. Die beiden reden mir gut zu und langsam, langsam lege ich den Rückwärtsgang ein und klettere, Pfote für Pfote, nach unten. Dummerweise gibt da so kleine Ästchen, an denen ich schlecht vorbeikomme und so bleibt mir für den Rest des Weges nichts anders übrig, als mich fallen zu lassen. Als ich unten ankomme bin ich so aufgewühlt, dass sich mein ganzes Fell wie ein schlecht gewaschener Flokati in alle Himmelsrichtungen streckt, mein sonst so eleganter schlanker Schwanz ist eine schwarze Klobürste geworden! Mann, bin ich sauer!!! So viel Schreck und Aufregung kann ich einfach nicht leiden!!!! Flüchte sofort mit dem Dunklen in die Wohnung - brauch bitte, bitte ganz viel Zuwendung, jetzt sofort!

13.06.

Blondie ist heute ganz schön sauer auf mich; sie sagt, sie hätte mir heute Nacht fast einen Knoten in meinen Schwanz gemacht, so hat sie sich geärgert. Puh, hoffe, das legt sich bald wieder, will’s ja nicht mit ihr verscherzen, aber ich konnte wirklich gar nichts dafür, dass ich heute nacht um halb 5 so eine Lust hatte, auf dem Balkon spazieren zu gehen und natürlich laut und deutlich Bescheid gesagt habe, was ich will, damit einer von „meinen beiden“ mir die Tür zum Balkon aufmacht und Blondies Bettseite steht nun mal näher an der Zimmertür, da hab ich halt sie angemautzt. Blondie ist ja dann auch ganz folgsam mit zum Balkon gekommen und hat ihn aufgemacht, weil sie meinte, ich hätte ein natürliches Bedürfnis, aber eigentlich wollte ich nur so ein wenig hin- und herlaufen, woraufhin Blondie dachte, ich wäre sauer, weil meine „Freilufttoilette“ nicht ganz sauber sei und so ist sie dann schon ein wenig maulend in die Küche gegangen, um die Utensilien zum Saubermachen zu holen und hat dann doch tatsächlich mein ganzes Klöchen gereinigt - sehr lobenswert, war aber unnötig. Als Blondie schon fast fertig war, kam unten von der Straße ein unüberhörbares lautes  Miauen herauf gehallt; wir beide waren darüber so erstaunt, dass wir sofort schauen mussten, WER da unten unterwegs ist.

Unglücklicherweise bin ich vor lauter Neugier auf die Brüstung gesprungen, um runter zu gucken (ganz großes Katerehrenwort - habe ich noch nie gemacht und ich werde mir alle Mühe geben, Blondie nieeee wieder in solche Aufregung zu versetzen), denn vor dem Balkontischchen stand ja Blondie, da kam ich also nicht drauf und ich MUSSTE doch wissen, was da unten los ist. Blondie und ich erkannten einen riesengroßen roten Kater, den wir hier noch nie gesehen haben und der auf der Straße unterwegs war und ebenso neugierig zu uns hoch schaute. Hui, ich war so aufgeregt, dass ich einen ganz dicken Puschelschwanz bekam und auf 2 ½ Pfoten auf der Brüstung verdächtig unstabil herumschwankte. Ja, und dann hat Blondie gesehen, wie ich auf der Brüstung herumgewackelt bin und ich glaube, sie fand das absolut nicht, überhaupt nicht, gar nicht, nie und nimmer lustig. Sie hat wohl so viel Angst um mich gehabt und befürchtet, dass ich in die Tiefe falle, dass sie mich mit einem schnellen Griff im Nacken gepackt und wieder auf den sicheren Boden gehoben hat. Ein paar Schimpftiraden habe ich noch hinterhergerufen bekommen, bin dann auch ganz brav wieder Richtung Schlafzimmer gewandert, doch mittlerweile war der Dunkle vom vielen Schimpfen wach, hat gar nicht verstanden worum es ging und meinte nur, dass Blondie nicht so einen Aufstand machen soll, wenn ich (Pascha) nachts Hunger habe, sie solle mir einfach ein paar Brekkies geben, dann wär' endlich wieder Ruhe. Das hat dann wohl Blondie falsch verstanden, denn sie meinte, sie müsse wohl jetzt mal was klarstellen. Ich wusste gar nicht, ob ich mich trauen sollte, zu den beiden auf das Bett zu springen oder besser im Kleiderschrank in Deckung zu gehen.

Am Nachmittag, als Blondie wieder von der Arbeit da ist und sie einen Kaffee auf dem Sofa trinkt, mache ich ihr ein Versöhnungsangebot: ich springe zu ihr auf die Decke und lege mich einmal quer über sie, schnurre ihr ein Liedchen vor und „kraule“ ihr mit meinen beiden Vorderpfoten die Oberweite. Da muss sie lachen - ich glaube, sie hat mir verziehen.

 

Ich hoffe wir sehen uns bald wieder......

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